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zwischendurch, zwischen büroarbeit und all den anderen organisationen, zwischen denken und irren, wühle ich mich weiter durch den text. ich zähle die seiten, als hätte diese nummer irgendeine bedeutung. eine noch, seit heute. eine einzige. (bis zur nächsten überarbeitung.)

Yes, Sir! (bei mir und auch bei Thyla)

ich schreibe blind. ich sehe hin, aber ich weiß nicht, was ich tue. ich lasse es geschehen. ich schiebe die brocken herum, irgend etwas wird schon daraus werden. ich verwerfe und hole wieder, ohne die technische hilfe des pc. es geht trotzdem. es geht nichts daneben, nicht mehr mit MEMORY. obwohl die MEMENTOS (MEMENTI?) mich quälen. doch ich weiß worum es geht, es ist in mir, da hilft nichts mehr.
es kann also nur noch sein, daß mir mein pathos blüht, daß mir der stil entgleitet. (wie so oft.) ich rutsche in reime, immer wieder. und ich lasse es jetzt, ich wehre mich nicht mehr. oder überhaupt, daß es zuviel ist, viel zuviel, längst alles gesagt. wiederholungen, noch und nöcher. es hängt mir selbst schon zum hals raus.
alles das kann sein. aber es sind nur noch drei seiten.

nichts geschrieben, kaum am pc gesessen. statt dessen ein tagestrip nach essen, seit einer woche schon vereinbart. so ein 'zufall'. hab mich mit einer freundin getroffen.
den ganzen tag leichte kopfschmerzen, ein bißchen schwindel und dauerndes rumoren inwendig.
kein wunder eigentlich.
reinigungsvorgänge vielleicht. diese trübe, gleichgültige stadt, gesichtslos, noch immer. trotz neuem fernsehturm und diversen mir noch unbekannten glaspalästen, hoch in die luft hinauf. ich weiß nicht. ich nehme abschied. vermutlich.
doch es erschreckt, über diesen boden zu gehen. zu wissen. mitten auf der shoppingmile.

gestern nacht noch eine seit einiger zeit schon auf video gebannte doku angesehen. Bomben auf das Ruhrgebiet. Die alliierten Luftangriffe von 1943. nicht lang, 45 minuten. schon älter, von 1985. schwarz weiß bilder aus kriegszeiten, farbig die aktuellen interviews. leute, in irgendwie vertrauen wohnungeinrichtungen, die noch dazu vertraut sprechen, so wie damals, als ich kind war. bevor ich meinen 'ruhrpottdialekt', der ja nicht als solcher gilt, irgendwo verloren habe. in der literatur vielleicht, im schreiben ganz bestimmt. auch im alltag findet nur noch ein ziemliches hochdeutsch statt. subjektiv betrachtet.
fakten I: von märz 43 bis märz 45 272 angriffe auf essen, längst ein schutthaufen. (mein opa erzählt mir, daß auf dem weg von außerhalb, wo er wohnt, bis in die innenstadt absolut nichts mehr steht. nur die noch, und die steht bis heute. zum glück.) also jeden 3. bis 4. tag, rein rechnerisch. de facto vermutlich wochen- und monatelange ruhe, dann wieder salven der vernichtung, angriffsfolgen, nacht für nacht. dazu die bombadierung der talsperren, möhne und eder. wasser statt feuer, in der nächsten umgebung eine katastrophe. das wasser kommt aber in essen kaum an. und die staumauern stehen bereits nach ein paar monaten wieder. das stichwort KRUPP, stahlindustrie. waffenproduktion, die trotz allem erst 45 zum stillstand kommt. KRUPP, auch ein kindheitswort für mich. verbunden mit haushaltsgeräten, mixer und fön, 60er jahre, hellbleu und zartrosa. aber irgendwie auch mit haß.
fakten II: zwischen märz 43 und märz 45 war meine mutter zwischen 5 1/2 und 7 1/2. und in gewisser weise hat sie es vermutlich nicht überlebt. zwanzig jahre danach sehe ich, in derselben stadt zuhause, von all dem rein gar nichts mehr. keinen schutt, keine zerstörung. nur die wiederaufbauten, frisch gestrichen. und bald danach die häßlichen 60er jahre siedlungen und hochhäuser, in denen ich aufgewachsenen bin. essen ist eine häßliche, gesichtslose stadt. das sehe ich. und ich wundere mich darüber, wenn die leute darüber reden, daß es inzwischen jeden tag fleisch gibt.
fragen I: wie also stelle ich mir diese wucht vor, diese macht, die jahrelange beständigkeit der vernichtung? immer und immer wieder. wo ich heute in der zeitungen lese, daß schon ein einziger solcher schlag kaum zu bewältigen ist. von traumatisierung und vom verlust des grundvertrauens ist da die rede. von experten aus new york, mit terrorerfahrung. was also ist kriegserfahrung?
fragen II: was also soll ich noch sagen? oder wie? und warum ist das, vor über zehn jahren geschrieben, meine allererste, ungelenke geschichte gewesen?

back to the roots, nach der kleinen arbeitsunterbrechung in sachen moneymoneymoney. (vielleicht ganz gut, nicht unbedingt nur in pekuniärer hinsicht...) aber wort für wort, nach wie vor, das material zerhacken, zerbröseln. und immer wieder das gefühl, daß nichts mehr bleibt. am ende. verdammt, wie mir das auf die nerven geht. heute. oder bleibt das jetzt so? muß das also endlich ein ende haben?
aber es hilft ja nix, alles vermaledeien und lamentieren.

ich gehe also zugrunde, habe mir extra dafür freigenommen. bislang ist noch krieg in MEMORY, schlachtfelder und angriffe. schauplätze eben, geschichte und geschichten. aber morgen werde ich damit wohl durch sein. dann kommen die angriffe und die bunker. die menschen, die männer, frauen und kinder, die in kellern und löchern hocken, tagelang, nächtelang. dann gehe ich dahin, muß ich. keine ahnung, warum. wie hat sich das gewählt? teilweise haben die menschen dort gelebt, habe ich gelesen, sind gar nicht mehr nach hause gegangen. vorsichtshalber. unter tage, in der erde. sie wollten ihren platz nicht verlieren.
ich habe viel gelesen, aber ich weiß nicht, inwieweit es helfen wird. das sind eckpunkte, allerhöchstens, der rest ist vorstellung. im dunkel der nächte, der kellerlöcher. sehen, was ich nie gesehen habe. aber so war es immer schon. ich kenne die straßen und häuser, über die keine 20 jahre zuvor der krieg hinweggefegt ist. ich habe an den tischen gesessen, auf den stühlen, die mauern angefaßt. die, die stehengeblieben waren. und die, die angebaut waren.
ich kenne die geschichten meines opas, der mir deutlich zu vermitteln wußte, daß die stadt, in der ich inzwischen lebte, quasi nicht mehr existent gewesen war. die straße, die ich von uns zu ihm ging, für mich eine der hauptstraßen, zweispurig, mit straßenbahn und geschäften rechts und links. er beschrieb sie mir als trampelpfad auf schuttbergen. das allein war gigantisch.
meine oma dagegen beschrieb mit vorliebe die angriffe und den ablauf der flucht in den bunker. angezogen haben sie geschlafen, die papiere parat. der junge mußte vorlaufen, einen platz sichern, mutter und tochter hinterher. das habe ich verstanden, irgendwie. als kind vielleicht nur wenig. aber später war Luftkrieg meine erste prosaarbeit.
und dennoch habe ich nicht verstanden. wie auch?
man hat mich auch immer gleich beruhigt. niemand war ausgebombt in unserer familie, keiner gestorben, es gab auch keine soldaten, demzufolge keine gefallenen. die fensterscheiben waren kaputt, sonst nichts. das haus stand, alle am leben. der hunger, ja. aber auch das war ja vorbei.
von bombentrichtern habe ich noch gehört. daß die gefährlich waren. voll wasser, tief und spitz. die bomben habe ich mir also spitz vorgestellt, riesengroße, spitze stücke metall, die vom himmel fallen. und wenn man nicht gerade voll getroffen wird, dann ist alles in ordnung. eine recht harmlose vorstellung, in nachhinein betrachtet. keine ahnung hatte ich von phosphor und sprengstoff, von feuer und tod. keine ahnung, trotz allem.
ich erinnere mich dunkel, daß ich die erzählungen gemalt habe. flugzeuge und fallende metallstücke. bombentrichter vor allem, das muß mich beeindruckt haben. ich bin auch mit meiner oma auf die wiese, wo ein solcher gewesen sein soll. aber ich habe nichts sehen können, nicht einmal da. viele meiner kinderbilder habe ich hier, aber diese bilder sind nicht dabei. vermutlich habe ich sie bei meiner oma verfertigt und nie mit nach hause genommen. vielleicht mochte meine mutter solche bilder nicht, und ich habe sie dagelassen. in dem alten zechenhaus, wo man die mauerziegel sehen konnte. das flickwerk, aus dem schutt zusammengesucht, für den schuppen, den anbau. nach dem krieg.
ich habe meine oma immer wieder danach gefragt, das weiß ich noch genau. immer wieder wollte ich dieselben geschichten hören, wie andere ihre gute-nacht-märchen.
meine mutter dagegen hat nie davon gesprochen. vielleicht weil sie zu klein war, sich nicht wirklich erinnert. aber so klein war sie auch wieder nicht, schulreif immerhin, bei kriegsbeginn. hitler war ein tier, hat sie nur immer wieder gesagt, der war kein mensch. und die juden wären alle so klug, könnten so viele sprachen. was immer das zu bedeuten haben mag.
und vom hunger hat sie erzählt. daß es nichts gab als hunger. der geblieben ist.

irgendwie hirnblind. ich starre auf den screen. und egal, was da ist. ich sehe nicht, was ich tue. ich spüre keine bewegung. nebeltastiges vorgehen. kein schöner anblick.
aber vielleicht sind das auch nur immer noch die betäubungspritzen. heute morgen, beim zahnarzt. nein, keine schmerzen. nur müdigkeit.
also nochmal, an die tasten, an den bleistift, an die arbeit. dear.

war das jetzt die erschöpfung? gute vorarbeit? oder einfach nur nachlässigkeit? vielleicht einfach nur der genialste schachzug überhaupt?
es leicht nehmen. durch den text rauschen, hundertmal bestimmt schon, gelesen und gelesen und wieder gelesen. also los. schieben. und drehen. und wenden. alles. einfach irgendwie. aber nein, nicht doch, nicht irgendwie. doch es wird, auch ohne nachzudenken, mitunter. es geht. an einem bestimmten punkt. da wird es leicht, so schwer es auch sein mag.
und immer wieder diese erfahrung: ich glaube zu kürzen, doch de facto wird der text länger.
jetzt zurück an den bleistift. und morgen steht das dann. endgültig.

script

das bleistiftchaos von gestern nacht. bin gespannt, ob ich da noch durchfinde...

 

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